Musikalisch-literarische Matinee zum 110. Geburtstag des Herrenhausgebäudes

Foto: Die Moderatoren der Zeitreise

© Bundesrat | 2014

Am Ende gab es Beifall und Blumen für die Akteure sowie Zugaben und Souvenirs für die Gäste. Und für alle das gute Gefühl, etwas Schönes erlebt, etwas Neues erfahren und dabei beste Unterhaltung genossen zu haben. Mehr als 300 Gäste waren am 18. Januar 2014 der Einladung zu einer musikalisch-literarischen Matinee aus Anlass des 110. Geburtstags des Herrenhauses in den Plenarsaal der Länderkammer gefolgt.

Die von manchen Zuschauern gestellte Frage "Gab’s eigentlich so etwas hier im altehrwürdigen Gebäude des Bundesrates schon einmal?" ließ sich nur mit einem klaren "Nein, in der Art noch nie" beantworten. Es ist ja auch nicht immer Geburtstag.

Ein Gebäude und fünf Mal Deutschland in knapp zwei Stunden

Nachdem jeder Gast beim Einlass eine "Fahrkarte" erhalten hatte, lud Antje Lorenz, Leiterin des Besucherdienstes des Bundesrates, zu einer Zeitreise ein.

In fünf "Etappen" - denn der am 16. Januar 1904 eröffnete Bau des damaligen Preußischen Herrenhauses bekam es in seiner 110-jährigen Geschichte gleich fünf Mal mit Deutschland zu tun.

Blick von oben in den Plenarsaal

Musikalisch-literarische Matinee zum 110. Geburtstag des Herrenhausgebäudes

© Bundesrat | 2014

Und so ging die Zeitreise vom kaiserlichen Berlin durch die Weimarer Republik und die Zeit des Nationalsozialismus bis ins geteilte und wieder vereinigte Deutschland.

Auf der "Strecke" und überall, wo der Zeitreise-Zug Station machte, gab es Neues zu entdecken, zu erfahren, zu erhören: Die Chronik, garniert mit Gedichten und Presseschlagzeilen, verband sich mit einem von Regisseur Dr. Michael Dauskardt zusammengestellten, anspruchsvollen musikalischen Programm zu einem bunten Mix von historischer Information und Unterhaltung.

Januar 1904: Kaiserzeit und Politiker in Uniform

Als die Mitglieder der Ersten Kammer des preußischen Landtags zu ihrer ersten Sitzung im neuen Gebäude des Herrenhauses zusammenkamen, so berichtete der Chronist - und damit Reisebegleiter - Dr. Harald Grüning, trugen viele dieser Herren des Kaisers Rock - was der "Zwischenrufer", der Schauspieler Manfred Eisner, mit einigen Versen Heinrich Heines über das preußische Militär kommentierte.

Die Sängerinnen Helena Kolb und Yvonne Zeuge spotteten mit einem satirischen Couplet aus der Kaiserzeit über den "schneidigen Leutnant" - bei dem, so hieß es damals, der Mensch erst anfange.

Als Manfred Eisner aus der damaligen Eröffnungsrede zitierte, war es wohl das erste Mal seit 110 Jahren, dass die Worte des damaligen Vizepräsidenten von Manteuffel wieder in diesem Saal zu hören waren.

Die Zwanziger: Tanz auf dem Vulkan

Wie grell und bunt, wie temporeich und vielfältig die - angeblich - goldenen 20-er Jahre waren, ließen Helena Kolb und Yvonne Zeuge nach ihrem leicht verrucht daherkommenden Duett "Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben" auch im "Fox macabre" anklingen.

Sängerin und Klavierspielerin bei der Matinee

Musikalisch-literarische Matinee zum 110. Geburtstag des Herrenhausgebäudes

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Es wurde aber auch deutlich, dass das Herrenhausgebäude politisch wichtig war, denn hier befanden sich der Preußische Staatsrat unter seinem Präsidenten Konrad Adenauer und das Wohlfahrtsministerium. Doch das Haus stand auch verschiedensten Vereinen und Verbänden offen.

So war vom Chronisten zu hören, dass hier viele jüdische und andere Organisationen ihre Kongresse abgehalten, berühmte Schriftsteller wie etwa Gerhart Hauptmann oder Thomas Mann aus ihren Werken gelesen oder diverse Vereinigungen ihre Jubiläen gefeiert haben.

Die Teilnehmer der Zeitreise erfuhren aber auch, dass im besagten Preußischen Wohlfahrtsministerium damals die Ministerialrätin Helene Weber tätig war. Als Abgeordnete der Weimarer Nationalversammlung am Entstehen der ersten deutschen Demokratie beteiligt, ging sie 1948/49 als eine der vier "Mütter des Grundgesetzes" in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein.

Zwölf dunkle Jahre: Deutschland unterm Hakenkreuz

Für die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte - die Hitlerdiktatur - setzten im Programm die Werke zweier Komponisten den musikalischen Rahmen, deren Namen sich wohl selten auf ein und demselben Programmzettel finden: Die Pianistin Vera Claus spielte Stücke von Dmitri Schostakowitsch und Felix Mendelssohn Bartholdy. Bewegende Interpretationen des Titels "Ein Lied geht um die Welt" und des jüdischen Tangos "Ich hab' kein Heimatland" gehörten zu den emotionalen Höhepunkten des Programms.

Die Zuschauer erfuhren auch, dass in der Zeit des Nationalsozialismus Hitlers Stellvertreter Göring im Herrenhaus das Sagen hatte.

Nach 1945: Das Herrenhausgebäude - steinerner Zeuge jäher Wendungen

Gebäude vor dem Umbau zum Sitz des Bundesrates

Gebäude vor dem Umbau zum Sitz des Bundesrates

© Bundesrat

Auf der Zeitreise-Etappe durch das im Kalten Krieg gespaltene Deutschland mit seiner geteilten Hauptstadt Berlin überraschte das Programm mit spannenden Adaptionen, interessanten Arrangements und Interpretationen bekannter Hits der letzten Jahrzehnte.

Der musikalische Bogen reichte dabei von "La Paloma" über Wolf Biermanns "Preußischen Ikarus" bis zu den Puhdys und Reinhart Mey. Besonderen Beifall fand ein "Hymnen-Medley", in dem Vera Claus eine Brücke von Joseph Haydn über Hanns Eisler zu den Scorpions schlug.

Herbst 2000: Unterwegs nach Europa

Die letzte Strecke führte direkt in den Zielbahnhof der Gegenwart. Nach dem Umzug von Bonn nach Berlin tagte der Bundesrat am 29. September 2000 zum ersten Mal im Herrenhausgebäude.

Mit einem Rückblick auf die seitdem vergangenen Jahre mit all ihren Ereignissen in der Welt und an diesem Ort ging die Zeitreise zu Ende. Natürlich nicht, ohne an prominente Besuche und Besucher (auch königliche!) zu erinnern - wie auch an große internationale Veranstaltungen.

Die Mitwirkenden am Jubiläum

Die Mitwirkenden am Jubiläum

© Bundesrat | 2014

Den musikalisch-sinnfälligen Abschluss des Programms bildete die Europa-Hymne, dargeboten von allen Mitwirkenden und vielen mitsingenden Besucherinnen und Besuchern.

Applaus und Zustimmung des Publikums erzwangen den Zugaben-Klassiker schlechthin: Paul Linckes "Berliner Luft", für den Michael Dauskardt eigens für diesen Anlass einen "feschen" Text aufs Herrenhaus geschrieben hatte.

Stand 18.01.2014

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